Künstliche Moleküle

Eine neue Methode erlaubt es Wissenschaftlern der ETH Z¨¹rich und von IBM, aus verschiedenen Arten von Mikrok¨¹gelchen k¨¹nstliche Molek¨¹le herzustellen. Solche winzige Objekte m?chten die Forschenden dereinst f¨¹r Mikroroboter, in der Photonik sowie der biochemischen Grundlagenforschung verwenden.

Vergr?sserte Ansicht: Künstliche Moleküle
K¨¹nstliche Molek¨¹le. Die Einzelkomponenten sind hier mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen markiert (Gr?sse der Molek¨¹le: 2-7 Mikrometer; Montage mikroskopischer Aufnahmen). (Bild: ETH Z¨¹rich / Lucio Isa)

Wissenschaftler der ETH Z¨¹rich und des IBM-Forschungszentrums in R¨¹schlikon entwickelten eine neue Technik, mit der sie erstmals komplex aufgebaute winzige Objekte aus Mikrok¨¹gelchen herstellen k?nnen. Diese Objekte sind wenige Mikrometer klein und modular aufgebaut. Sie k?nnen gezielt so konstruiert werden, dass Teilbereiche unterschiedliche physikalische Eigenschaften aufweisen. Ausserdem ist es sehr einfach, die Mikroobjekte nach der Herstellung in L?sung zu ¨¹berf¨¹hren. Damit unterscheidet sich die neue Technik wesentlich von Mikro-3D-Druckverfahren. Mit den meisten heutigen Mikro-3D-Druckverfahren lassen sich nur Objekte herstellen, die aus einem Material bestehen, einheitlich aufgebaut sind und bei der Produktion an eine Oberfl?che gebunden sind.

Um die Mikroobjekte herzustellen, verwenden die ETH- und IBM-Forscher als Grundbausteine K¨¹gelchen aus Kunststoff oder Siliziumdioxid mit einem Durchmesser von rund einem Mikrometer und unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften. Diese Partikel k?nnen die Wissenschaftler kontrolliert in gew¨¹nschter Geometrie und Reihenfolge anordnen.

Die so hergestellten Gebilde besetzen eine interessante Nische der Gr?ssenskala: Sie sind viel gr?sser als typische chemische oder biochemische Molek¨¹le, jedoch viel kleiner als typische Objekte der makroskopischen Welt. ?Je nach Sichtweise k?nnte man von Riesenmolek¨¹len oder von Mikroobjekten sprechen?, sagt Lucio Isa, Professor f¨¹r Grenzfl?chen, weiche Materie und Assemblierung an der ETH Z¨¹rich. Er leitete das Forschungsprojekt gemeinsam mit Heiko Wolf, Wissenschaftler bei IBM Research. ?Bisher ist es noch keinen Wissenschaftlern gelungen, bei der Herstellung von k¨¹nstlichen Molek¨¹len auf der Mikroskala die Abfolge der Einzelkomponenten komplett zu kontrollieren?, so Isa.

Vielf?ltige Anwendungsm?glichkeiten

Herstellen lassen sich mit der neuen Methode etwa Mikroobjekte mit pr?zise definierten magnetischen, nicht-magnetischen und unterschiedlich geladenen Bereichen. Derzeit k?nnen die Wissenschaftler St?bchen in unterschiedlicher L?nge und Zusammensetzung, winzige Dreiecke und erste, einfach aufgebaute dreidimensionale Objekte erstellen. Die Forschenden m?chten die Technik jedoch weiterentwickeln. F¨¹r m?gliche k¨¹nftige Anwendungen denken sie an selbstangetriebene Mikrovehikel, die sich dank einer ausgekl¨¹gelten Geometrie und Materialzusammensetzung in einem externen elektrischen oder magnetischen Feld vorw?rtsbewegen.

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Ein St?bchen mit einem magnetischen Sliiziumdioxid-Kopf und einem sieben Partikel langen Polysyrol-Schwanz in Wasser. Das St?bchen wackelt wegen der Brownschen Molekularbewegung. (Video: Ni S et al. Science Advances 2016, lizenziert unter CC BY-NC)

Ebenfalls denkbar sind Mikromixer f¨¹r Lab-on-a-Chip-Anwendungen oder in ferner Zukunft sogar Mikroroboter f¨¹r biomedizinische Anwendungen, die andere Mikroobjekte greifen und transportieren k?nnen. Ausserdem k?nnten die Forscher ihre k¨¹nstlichen Molek¨¹le so konzipieren, dass sie miteinander wechselwirken und sich selbst?ndig zu gr?sseren ?Superstrukturen? zusammenfinden. Das w?re beispielsweise anwendbar auf die Photonik (auf Licht basierende Signalverarbeitung). ?In der Photonik werden massgeschneiderte Mikrostrukturen ben?tigt. Diese k?nnten dereinst mit unseren Bauteilen hergestellt werden?, sagt Isa.

Herstellung mit Mikroschablonen

Um jeweils eine Grosszahl von identischen Mikroobjekten herzustellen, nutzen die Wissenschaftler Polymerschablonen mit eingravierten Vertiefungen in Form des gew¨¹nschten Objekts. Die Forschenden entwickelten eine Methode, mit der sie pro Arbeitsschritt jeweils ein K¨¹gelchen pro Vertiefung deponieren k?nnen. Schritt f¨¹r Schritt k?nnen sie so gr?ssere Objekte aufbauen, wobei sie f¨¹r jeden Schritt die K¨¹gelchenart w?hlen k?nnen. Zum Schluss verbinden sie die Kunststoffk¨¹gelchen durch kurzes Erhitzen miteinander.

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Der erste Schritt bei der Herstellung von St?bchen: Eine Suspension mit Mikrok¨¹gelchen wird ¨¹ber die Schablone bewegt. Dabei wird in jeder Verziefung ein K¨¹gelchen deponiert. (Video: Ni S et al. Science Advances 2016, lizenziert unter CC BY-NC)

Beim derzeitigen Entwicklungsstand sind die K¨¹gelchen fest miteinander verbunden. In Zukunft m?chten die Forscher jedoch versuchen, die K¨¹gelchen beweglich miteinander zu verbinden. Damit k?nnten die Objekte als Grossmodelle f¨¹r chemische und biochemische Verbindungen dienen, beispielsweise um die Proteinfaltung experimentell zu studieren. Zudem m?chten die Forschenden versuchen, die Objekte mit K¨¹gelchen aus anderen Materialen als Kunststoff oder Siliziumdioxid zusammenzusetzen. ?Im Prinzip l?sst sich unsere Methode auf jedes Material anpassen, auch auf Metalle?, so Isa.

Literaturhinweis

Ni S, Leemann J, Buttinoni I, Isa L, Wolf H: Programmable colloidal molecules from sequential capillarity-assisted particle assembly, Science Advances, 1. April 2016, doi: externe Seite10.1126/sciadv.1501779

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